Wissenswertes

Klink & Schnatterer Wissenswertes

Episode Nr. 1 - Geblitzt im Ausland

Aus Versehen beim Städtetrip nach Amsterdam oder am Gardasee mal 120 km/h, statt erlaubter 100 km/h gefahren. 100 € Bußgeld plus Kosten. Macht doch nichts, ab in den Papierkorb. Die Rennleitung der Niederlande oder Österreichs hat in Deutschland doch nichts zu bestellen - könnte man meinen!

Doch seit mehreren Jahren können rechtskräftige Entscheidungen zu Bußgeldverfahren nicht mehr nur im jeweiligen Aufenthaltsland vollstreckt werden, sondern unter bestimmten Voraussetzungen auch in Deutschland. Ein EU-Vollstreckungsabkommen machts möglich, zumindest wenn das jeweilige Land dem EU-Rahmenbeschluss zur Geldsanktionsvollstreckung beigetreten ist und die Forderung die Geringfügigkeitsgrenze von 70 € für Bußgeld und Kosten übersteigt.

Aber es gibt erfreuliche Ausnahmen: Im Urlaub ist die Ehefrau den Mustang gefahren, der auf den Ehemann zugelassen ist. Der Name der Ehefrau ist der ausländischen Rennleitung nicht bekannt und so hält sie sich an den Halter. 

In Deutschland gilt in fast allen Fällen, Parkvergehen mal ausgenommen, anders als in einigen Ländern der EU, das Verschuldensprinzip, nach dem nur der Fahrer belangt werden kann, weil er gegen Verkehrsvorschriften verstoßen hat, sog. Fahrerhaftung. In einigen Ländern wird jedoch, unabhängig davon wer gefahren ist, der Halter des Fahrzeuges zur Verantwortung gezogen, sog. Halterhaftung. Deswegen wird in diesen Ländern oftmals nur das Fahrzeug nebst Kennzeichen, nicht aber der verantwortliche Fahrer im Bild festgehalten. 

Die ausländische Halterhaftung widerspricht somit unserer Fahrerhaftung. Daher kann man sich gegen die Vollstreckung ausländischer Bußgeldbescheide in Deutschland bei Tempovergehen wehren.

Aber Vorsicht Falle: Wer auf die Anhörung der ausländischen Rennleitung nicht reagiert, also dort nicht vorbringt, nicht gefahren zu sein, kann dieses Argument nicht mehr vorbringen, wenn in Deutschland die Vollstreckung schon begonnen hat. Die Einwendungen sind im jeweiligen Tatland im dortigen Verwaltungsverfahren vorzutragen. Im Vollstreckungsstadium können nur noch Einwände hinsichtlich der Zulässigkeit der Vollstreckung in Deutschland erhoben werden, zum Beispiel durch die Vorlage eines erfolglosen Einspruches gegen einen ausländischen Bußgeldbescheid, der aufgrund der Halterhaftung dort nicht anerkannt wurde.

Schließlich sollte man nach Abwehr des ausländischen Vollstreckungsversuches nicht vergessen, dass man dort noch im Fahndungscomputer registriert ist und bei der nächsten Kontrolle in diesem Land zur Kasse gebeten werden kann. Zum Glück gibt es viele schöne Weiden in der EU für unsere Ponys.

Nachtrag: so soll das Ergebnis der anwaltlichen Bemühungen dann aussehen - "Weihnachtsgeschenk" für den Mandanten.

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