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Episode Nr. 9 - Gewährleistung, was ist das eigentlich?

Lieutenant Frank Bullitt hat´s verstanden, etwas Rechtskunde durch Eric Lassard von der Police Academy war schon nützlich. Ihm stehen verschiedene Rechte auf Gewährleistung zu! Aber was bedeutet das denn nun schon wieder? Guckst du hier:

1. Nacherfüllung
Die Nacherfüllung ist der vorrangige Anspruch des Käufers. Er kann dabei zwischen der Beseitigung des Mangels (Nachbesserung) oder der Lieferung einer mangelfreien Sache (Nachlieferung) wählen.

Für die Geltendmachung der Ansprüche hat Bullitt folgende Grundsätze zu beachten:

a) Überwiegend wird vertreten, dass der Käufer das Wahlrecht zwischen Nachbesserung und Nachlieferung alternativ geltend machen kann.

Beispiel : Der Käufer eines Camaro entscheidet sich für die Nachbesserung, weil ihm der Verkäufer diese zusichert. Da durch die Nachbesserung der Mangel nicht behoben wird, verlangt der Käufer nunmehr vom Verkäufer Nachlieferung eines mangelfreien Camaros, allerdings muss er dem Verkäufer hierfür wiederum eine angemessene Frist setzen. 

b) Der Anspruch kann wegen der Beschaffenheit der Sache allerdings auch auf eine der beiden Varianten beschränkt sein.
Beispiele : Beim Verkauf eines Einzelstücks, kann nur Nachbesserung in Frage kommen; der Verkäufer liefert eine falsche Sache, hier kann nur Nachlieferung in Frage kommen.

c) Der Verkäufer kann die vom Käufer gewählte Art der Nacherfüllung ablehnen, wenn sie für ihn mit unverhältnismäßigen Kosten verbunden ist. Dann muss sich der Käufer auf die andere Art der Nacherfüllung verweisen lassen.

Beispiel : Die Kosten der Nachbesserung des Camaros übersteigen den Wert eines mangelfreien Bumblebees.

Hat jedoch die gelieferte Ware eine Vielzahl von Fehlern (sog. "Montagsauto"), tendiert die Rechtsprechung dazu, dem Käufer von vornherein nach seiner Wahl auch dann den Nachlieferungsanspruch zuzubilligen, wenn die Nachlieferung kostspieliger ist, als die Nachbesserung.

Zu beachten ist weiter, dass nach einem Urteil des BGH eine gesetzliche Obliegenheit des Käufers darin besteht, dem Verkäufer die Nachprüfung des Mangels zu ermöglichen. 

Bei Nachlieferung einer mangelfreien Ware kann der Verkäufer im Gegenzug die Rückgabe der mangelhaften Sache verlangen. Anspruch auf Herausgabe der Nutzungen oder Ersatz für die bisherige Nutzung der mangelhaften Sache hat der Verkäufer gem. § 474 Abs. 5 BGB nicht. Diese Bestimmung ist auf Verbrauchergeschäfte beschränkt.

Die für die Nacherfüllung anfallenden Kosten (Reparaturaufwand, Transportkosten) trägt der Verkäufer. Das betrifft auch die Aufwendungen, die dem Käufer im Zusammenhang mit der Nacherfüllung entstehen. Die Nacherfüllung, z.B. Nachbesserung, ist an dem Ort zu erbringen, wo sich die Kaufsache befindet, also meist am Sitz/Wohnsitz des Käufers, vgl. z.B. AG Menden, Urteil vom 3. März 2004, Az.: 4 C 26/03, NJW 2004, 2171.

Achtung : Der Gesetzgeber hat im Gewährleistungsrecht kein Recht des Käufers auf Selbstvornahme vorgesehen. Wenn der Käufer, ohne dem Verkäufer eine Nachfrist zur Nacherfüllung zu setzen, die Sache selbst nachbessert oder nachbessern lässt, kann er seine Ansprüche aus der Gewährleistung verlieren, vgl. AG Kempen, Urteil vom 18. August 2003, Az.: 11 C 225/02, MDR 2003, 1406; LG Aachen, Urteil vom 23. Oktober 2003, Az.: 6 S 99/03, DAR 2004, 452.

2. Ausschluss der Nacherfüllung
In bestimmten Fällen ist der Anspruch auf Nacherfüllung ausgeschlossen:
• Die vom Käufer gesetzte angemessene Frist zur Nacherfüllung ist erfolglos abgelaufen
• Der Käufer hat unter Fristsetzung die Nacherfüllung gefordert, jedoch verweigert der Verkäufer beide Arten der Nacherfüllung 
wegen unverhältnismäßig hoher Kosten
• Der Verkäufer verweigert von vornherein die Nacherfüllung, dann braucht der Käufer auch keine Frist zu setzen
• Die Nacherfüllung ist fehlgeschlagen oder dem Käufer unzumutbar. Der Gesetzgeber hat die Regel aufgestellt, dass die
Nacherfüllung nach dem zweiten erfolglosen Versuch als fehlgeschlagen gilt. Sie kann aber auch sofort unzumutbar sein, weil 
z.B. der Käufer die gekaufte Sache dringend benötigt und nicht auf die Reparatur oder Nachlieferung warten kann,
• Die Nacherfüllung ist unmöglich und zwar sowohl hinsichtlich der Nachbesserung wie auch der Nachlieferung. Dieser Fall kann z.B. bei einem unbehebbaren Mangel eines Einzelstückes auftreten. Für den Verkäufer entfällt dann die Nacherfüllungspflicht

Als Folge des Ausschlusses der Nacherfüllung kann der Käufer die weiteren, in § 437 BGB geregelten Gewährleistungsansprüche geltend machen.

3. Rücktritt oder Minderung
Wenn der Anspruch auf Nacherfüllung nicht realisiert wird, kann der Käufer zurücktreten oder mindern. 

a) Rücktritt 
Voraussetzung für den Rücktritt ist die Rücktrittserklärung , die mit dem Zugang an den Verkäufer wirksam wird. Eine bestimmte Form der Erklärung ist nicht vorgeschrieben, inhaltlich muss der Käufer zum Ausdruck bringen, dass er wegen der Mängel nicht am Vertrag festhalten will. 

Rechtsfolge des Rücktritts ist die Umwandlung des Kaufvertrages in ein Rückabwicklungsverhältnis. Merksatz: Geld zurück, Dreck zurück. Der Käufer hat die Ware an den Verkäufer herauszugeben, der Verkäufer hat dem Käufer den Kaufpreis zurückzuerstatten. In diesem Falle hat jedoch - im Gegensatz zur Nacherfüllung - der Verkäufer auch bei Verbraucherverträgen einen Anspruch auf Herausgabe der gezogenen Nutzungen oder Wertersatz. Der Käufer, der den Rücktritt erklärt, muss beachten, dass damit das Wahlrecht nach § 437 BGB und das Recht auf Minderung entfällt. Der Käufer behält jedoch den Anspruch auf Ersatz des ihm durch die Mangelhaftigkeit entstandenen Schadens.

b) Minderung 
Bei der Minderung ist der Kaufpreis in dem Verhältnis herabzusetzen, in dem der Wert der Sache zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses im mangelfreien Zustand zum wirklichen Wert gestanden hätte. 

Beispiel : Käufer K kauft von Verkäufer V eine wertvolle historische Uhr für 10.000 EUR. Es stellt sich heraus, dass das Stück beschädigt ist. Unbeschädigt wäre 9.500 EUR wert, der tatsächliche Wert unter Berücksichtigung der Beschädigung beträgt 8.000 EUR.

Die Minderung ist ebenfalls durch Erklärung gegenüber dem Verkäufer geltend zu machen, der Verkäufer hat dem Käufer die Differenz des gezahlten Kaufpreises zum geminderten Preis zu erstatten, in unserem Beispiel also 1.579 EUR. 

Das Gericht kann die Minderung auch durch Schätzung unter Berücksichtigung aller maßgeblichen Umstände ermitteln, wenn die genaue Bemessung zu aufwendig oder nicht durchführbar ist. 

4. Schadensersatz oder Aufwendungsersatz
Die Regelung des Schadenersatzes ergänzt die weiteren Gewährleistungsansprüche, jedoch ist die Einordnung dieses Anspruches kompliziert, weil sie in die gesamte Systematik des Leistungsstörungsrechts des BGB eingreift. Als Überblick kann man festhalten:

a) Schaden ist jeder materielle in Geld ausdrückbare Nachteil, den der Käufer aufgrund der Pflichtverletzung des Verkäufers erleidet.

b) Schadenersatz und zwar statt der Leistung kann gefordert werden, wenn die Erfüllung des Kaufvertrages von vornherein 
unmöglich wird.

c) Schadenersatz kann gefordert werden, wenn dem Käufer materielle Nachteile entstehen, weil der Verkäufer zu spät liefert, 
Verzugs- oder Verzögerungsschaden). Hierbei bleibt dem Käufer der Anspruch auf die Lieferung der Sache erhalten.

d) Die im Zusammenhang mit der Gewährleistung getroffene Regelung des Schadenersatzes verweist auf mehrere mögliche 
Varianten für den Käufer:

• Schadenersatz kann gefordert werden, wenn durch die Mangelhaftigkeit der gekauften Sache der Käufer weiteren Schaden 
erleidet, sog. Mangelfolgeschaden. 

Beispiele : Durch den defekten Toaster wird die Küche des Käufers beschädigt. Durch den Mangel an der Bremsanlage des gekauften Camaro erleidet der Käufer einen Unfall.

• In diesem (letzten) Fall steht der Schadenersatzanspruch neben den anderen - schon behandelten - Ansprüchen, weil er (zusätzlich) durch den Mangel der Kaufsache entstanden ist und die anderen Gewährleistungsansprüche diesen Schaden allein nicht ausgleichen. In dem o.g. Beispiel könnte der Käufer Reparatur des Toasters (Nacherfüllung) und Ersatz der beschädigten Küchenarbeitsplatte fordern.

• Schadenersatz statt der Leistung kann gefordert werden, wenn die Gewährleistungsrechte des Käufers nicht erfüllt werden

Zu beachten ist, dass der Verkäufer für Schäden nur haftet, wenn er diese verschuldet, also vorsätzlich oder fahrlässig verursacht hat.Jedoch trifft den Verkäufer die Beweislast für mangelndes Verschulden, d.h. er muss behaupten und beweisen, dass ihn hinsichtlich der Verursachung des Mangels und des daraus folgenden Schadens kein Verschulden trifft.

Ohne Rücksicht auf Verschulden haftet der Verkäufer dann, wenn er eine Beschaffungsgarantie oder ein Beschaffungsrisiko übernommen hat. Anstelle des Schadenersatzes kann der Käufer den Ersatz vergeblicher Aufwendungen verlangen. Dies sind Aufwendungen, die der Käufer im Vertrauen auf die Mangelfreiheit der Sache gemacht hat und die sich durch den Mangel als nutzlos erweisen oder wegen des Mangels mehrfach angefallen sind. Der Käufer muss jedoch zwischen beiden Ansprüchen des § 437 Nr. 3 BGB wählen und diese Wahl dem Verkäufer gegenüber erklären.

5. Spezialproblem: Verlängert sich die Gewährleistung nach der Reparatur?

Beispiel: Bullitt lässt an seinem GT das Getriebe tauschen und fünf Monate später lässt sich wieder nur hoch- und nicht mehr zurückschalten. Die ursprüngliche Gewährleistungsfrist ist abgelaufen.

Die Antwort ist unter Juristen umstritten: Manche verlangen, dass es bei der zweiten Reklamation um den gleichen Fehler gehen muss, damit ein neuer Anspruch entsteht. Andere verlangen, dass die Gewährleistung regelmäßig neu zu laufen beginnt, wenn Reparatur oder Neulieferung wegen eines Mangels nötig sind. Damit sich die Gewährleistung nicht unendlich verlängert, fordern manche, die Gesamtzeit trotz der Mängel zu begrenzen.

Unterschieden wird oft zwischen der Lieferung eines neuen Gerätes - da wird meist angenommen, dass die Gewährleistung neu zu laufen beginnt. Bei Reparaturen wird eine neue Gewährleistungsfrist dagegen häufiger abgelehnt. Außerdem verlangen manche Gerichte, dass der Händler den Mangel bzw. den Gewährleistungsfall anerkennt und nicht nur aus Kulanz repariert hat.

Lieutenant Frank Bullitt ist bedient. So komplex hätte er sich das nicht vorgestellt. Aber es gibt ja Leute, die man bei sowas fragen kann und sein GT wurde rechtzeitig nachgebessert: Mehr Power, neues 4-Gang-Getriebe und neue Lackierung in sportlich-elegantem Highland-Green. Die legendäre Verfolgungsjagd zu cool-genialer Jazzmusik gegen den schwarzen 68er Dodge Charger durch San Francisco gelang. Am Ende rast der Charger in eine Tankstelle und alles explodiert, während Bullitt seinen Mustang halbwegs unbeschädigt retten kann und mit stahlblauen Augen das Inferno betrachtet.

Tatsächlich gab es für Steve McQueen zwei 1968er Ford Mustang GT 390 Fastback. Einer der beiden Film-Mustangs war am Ende der Dreharbeiten so ramponiert, dass man ihn verschrotten ließ. Der andere soll sich in den Händen eines Sammlers befinden, der ihn nicht herausrücken will. Sogar als Steve McQueen selbst ihm im Jahr 1977 ein Kaufangebot machte, schlug der Mann es aus.

 

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